Samstag, 24. Januar 2009
 
Mexiko: Parteitag der Linkspartei PRD PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Gerold Schmidt   
Mittwoch, 22. August 2007

Dem viertägigen Eiertanz um klare politische Positionen folgte am Ende ein kleiner Eklat. Ein knappes Fünftel der mehr als tausend Delegierten auf dem X. Außerordentlichen Kongreß der linksmoderaten mexikanischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) verließ am 19. 8. die Veranstaltung vorzeitig unter Protest.

Hintergrund: Eine vom pragmatischen Parteiflügel "Neue Linke" dominierte Mehrheit strich überraschend die zuvor für ein Parteidokument vereinbarte Formulierung, Gespräche mit Staatschef Felipe Calderón, dem "Usurpator des Präsidentenamtes", kategorisch auszuschließen.

An den Vortagen hatten die Delegierten noch ihrem ehemaligen Präsidentschafts- kandidaten Andrés Manuel López Obrador die Unterstützung ausgesprochen. Sie bekräftigten die Auffassung, Calderón von der konservativen Regierungspartei der Nationalen Aktion (PAN) habe die Präsidentschaftswahlen im Juli 2006 nur durch "Betrug" gewonnen. Während Vertreter wie die PRD-Gouverneurin Amalia García den Vorfall vom Sonntag als "Ausdruck der intensiven Debatten" werteten, sprachen Delegierte des
López Obrador nahe stehenden "Politischen Bündnisses der Linken" von einer "schweren Krise" der Partei. Sie kündigten an, die "hinter dem Rücken der Mitglieder" gefällte Abstimmung anzufechten.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten diejenigen politischen Beobachter Recht behalten, die für den Parteitag einen Nicht-Angriffspakt zwischen den beiden großen Parteiflügeln vorher sagten. Eher bemühte sich die PRD, nach außen Geschlossenheit zu zeigen. So erhielt López Obrador, der zur Eröffnung des außerordentlichen Kongresses sprach, durchaus von allen PRD-Strömungen Beifall. Der Ex-Kandidat belegte damit, ein politischer Faktor in der Partei zu bleiben, der nicht einfach übergangen werden kann. Er selbst rief zur Einheit auf, warnte allerdings vor Zugeständnissen an die konservative Regierung. Eine legitimierende Linke sei "nichts anderes als eine zaghafte und simulierende Rechte".

Die angekündigte inhaltliche Debatte zu Parteiprinzipien und Programm fanden auf dem Kongress aber kaum statt. Wie erwartet, nutzte die von Jesús Ortega geführte Neue Linke die Mehrheitsverhältnisse unter den Delegierten, sich in eine strategische günstige Position für die zukünftige Kontrolle der Partei zu bringen. So wurde der Vorschlag verworfen, bei der Wahl des nächsten Parteivorsitzenden im März 2008 auch Nicht-Parteimitgliedern das Stimmrecht zu geben.

Das kommt Ortega entgegen. Er strebt den PRD-Vorsitz seit über einem Jahrzehnt vergeblich an und wird im kommenden März mit Alejandro Encinas, einem Vertrauten López Obradors, erneut einen gewichtigen Gegner haben. Doch derzeit ist Ortegas Strömung parteiintern am besten organisiert. Dagegen sind viele Anhänger der von López Obrador im Rahmen der Wahlproteste initiierten außerparlamentarischen Bewegung nicht unbedingt eingeschriebene PRD-Mitglieder. Auch die Abschaffung des 21-köpfigen Parteivorstandes zugunsten eines umfangreicheren Parteirates wird unter den aktuellen Bedingungen als Stärkung der rechteren Parteikräfte interpretiert.

Die Außenwirkung des Parteitages wird sich bald zeigen. Zuletzt waren die Ergebnisse  bei regionalen Urnengängen in mehreren Bundesstaaten ernüchternd. Damit droht das von der PRD angeführte Breite Fortschrittliche Bündnis (FAP), im mexikanischen Senat und im Abgeordnetenhaus nach dem Juli 2006 die zweitstärkste Kraft, angesammeltes poltisches Kapital zu verspielen.  Die Gouverneurswahlen in der PRD-Hochburg Michoacán im November sind in dieser Hinsicht eine harte Bewährungsprobe. Sollte die Partei einbrechen, werden sich die internen Auseinandersetzungen weiter verschärfen.

Gerold Schmidt
Quelle: Nachrichtendienst poonal, 21.8.2007

< zurück   weiter >